Fokus „Sichere Räume“

Feministischer Aktivismus braucht sichere Räume

Sichere Räume zu haben, ist ein wichtiges Thema für feministische Organisationen. Wenn Organisationen beispielsweise mit und für Betroffene von geschlechtsspezifischer oder rassistischer Gewalt arbeiten, verlangt dies ein besonders sicheres Umfeld. Betroffene müssen sich geschützt fühlen, damit Hilfsangebote und Beratungen gut und nachhaltig angeboten werden können.

Oft sind es auch die feministischen Organisationen und Aktivist*innen selbst, die sichere Räume brauchen. Feministische Organisationen sind vielfach Anfeindungen und gewalttätigen Bedrohungen ausgesetzt. Hinzu kommen oft unsichere und problematische Mietverhältnisse, gerade wenn Organisationen einer stark marginalisierten Gruppe, wie z. B. den Rom*nja, angehören. Immer mehr Partner*innen von filia sehen sich nach eigenen und sicheren Räumen um.

Geschütztes Zusammenkommen ermöglichen

Wir verstehen „Sichere Räume“ aber nicht nur im wortwörtlichen Sinne. Ein sicherer Raum kann auch ein Workshop für junge Frauen sein, in dem sie ermutigt werden, ihre eigene Meinung zu formulieren und stereotype Geschlechterrollen zu hinterfragen. Oder es ist ein Computerkurs oder eine Bastelgruppe, in der Menschen marginalisierter Gruppen zusammenkommen. Neben den Fertigkeiten, die bei solchen Angeboten erworben werden, ist es vor allem die Gemeinschaft, die den von Diskriminierung Betroffenen Kraft gibt. In einem sicheren Raum Mehrheitserfahrungen zu machen, sich mit den Problemen und Erfahrungen nicht alleine zu wissen, ist für viele marginalisierte Frauen und Mädchen ein empowerndes Moment.

Es gehört zu filias Fördergrundsätzen sich an den Bedürfnissen ihre Partner*innen zu orientieren. So hat sich der Fokus auf Sichere Räume in den letzten Jahren organisch entwickelt. filia unterstützt ihre Partner*innen beim Erwerb eigener Räume oder, da wo möglich, bei der Ausgestaltung gemieteter Räume. Entscheidend ist, dass die Räume zu den Bedürfnissen der Organisation und vor allem der Menschen, denen die Organisation dient, passen.

Disclaimer: Wir wissen, dass es keine absolut sicheren Räume für feministischen Aktivismus gibt. Im Englischen wird mittlerweile von „safer spaces“ statt „safe spaces“ („sichereren Räumen“ statt „sicheren Räumen“) gesprochen. So wird zum Ausdruck gebracht, dass Bedrohung und Anfeindung niemals ganz ausgeschlossen werden können. Wenn wir von sicheren Räumen sprechen, gehen wir davon aus, dass die Aktivist*innen es anstreben, einen Ort frei von Diskriminierung und Bedrohung zu schaffen.

Einblick in unsere Projektarbeit

Aktuelle Projekte zum Fokus „Sichere Räume“

Strategische Förderung von Daje – Serbien
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Förderung von Patchwork – Polen
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Strategische Förderung einer tschetschenischen Organisation
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Förderung von Fundacja w Stronę Dialogu – Polen
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Förderung vom Women’s Fund Armenia
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Aktuelle Nachrichten

Aktuelle Projekte im Fokus „Sichere Räume“

Strategische Förderung des Roma Center Daje

Das Roma Center Daje gründete sich 2001 in Belgrad, Serbien. Seit 2018 ist die Organisation strategische Partnerin von filia. Daje hat ein breites Arbeitsspektrum: Die Organisation hilft bei geschlechtsspezifischer Gewalt. Sie unterhält z. B. eine 24-Stunden-SOS-Hotline. Die Aktivist*innen arbeiten auch gegen Frühverheiratungen in Rom*nja Communities. Sie klären die Menschen in den Communities auf und sensibilisieren darüber hinaus serbische Behörden für die Problematik. Daje ist eine wichtige Stimme für die Rom*nja Communities in Serbien. Die Organisation sammelt unermüdlich Daten, um bestehende Diskriminierungen gegen Rom*nja zu belegen. Daje arbeitet jedoch auch über die Landesgrenzen hinaus und setzt sich auf europäischer Ebene für das Ende von Frühverheiratungen in den Rom*nja Communities ein.
Mit filias Hilfe konnte Daje 2022 ein eigenes Haus erwerben. Die eigene Immobilie bedeutet für die Organisation, sichtbarer sein zu können. Außerdem erleichtert sie die Beratungsarbeit. Denn Betroffene haben nun einen sichereren Raum, an dem sie Unterstützung finden können.

Förderung der Organisation Patchwork im Rahmen unserer Kampagne #standwithukraine

Patchwork ist ein Verein in Krakau, Polen, zur Unterstützung von zugewanderten Familien mit Menschen mit Behinderungen. Der Verein ist einer Selbsthilfegruppe entwachsen und besteht erst seit einigen Jahren. Seit Ausbruch des Krieges in der Ukraine kümmern sich die Aktivist*innen mehrheitlich um ukrainische Mütter und ihre Kinder mit Behinderungen. Zuvor kamen die unterstützten Familien neben der Ukraine auch aus Armenien, Belarus, Moldawien und Russland. Die Aktivist*innen helfen den Frauen angemessene Unterkünfte zu finden und beschaffen notwendige Hilfs- und Pflegemittel (Windeln, Diätprodukte, Rollstühle, orthopädische Schuhe u.v.m.). Außerdem beraten sie beim Asylverfahren und helfen bei medizinischen Notfällen.
Durch filias Kampagne war es Patchwork möglich ein Integrations- und Unterstützungszentrum einzurichten. Im Zentrum erhalten die Kinder erforderliche Therapien, während ihre Mütter verschiedene Angebote wahrnehmen können: Sprachkurse, Arbeitstrainings oder einfach mal bei einer Tasse Tee ins Gespräch kommen und ausruhen.

Gardens of Silihdar – Förderung vom Women’s Fund Armenia

Der Women’s Fund Armenia hatte vor Ausbruch des Krieges 2020 ein Haus mit großem Garten in der Stadt Ashtarak gekauft. Auf diesem Anwesen, das die Aktivist*innen „Gardens of Silihdar“ nennen, entsteht nun nach und nach ein feministischer Co-Healing-Space. Das gesamte Gebäude wird barrierearm umgebaut. Im Erdgeschoss wird eine „Collective Kitchen“ entstehen, in der gemeinsam gekocht und das im Garten angebaute Gemüse verarbeitet werden kann. Die Garage soll zu einer Werkstatt für kunsttherapeutische Angebote ausgebaut werden. Das Obergeschoss des Gebäudes wird so ausgebaut, dass dort bis zu 16 Personen übernachten können. Der Balkon wird dabei halb geschlossen, so dass ein zusätzlicher Raum entsteht. Dieser soll als Konferenzraum genutzt werden. Durch seinen beheizbaren Boden können dort aber auch Yoga-Kurse stattfinden. Um den feministischen Co-Healing Space auch wirtschaftlich zu nutzen, ist ein Fem-Retreat geplant: Ein Ort, in dem sich Frauen und LBTIQ+ einmieten und zur Ruhe kommen können. Aufgrund der Nähe zu Jerewan und der Lage mit Blick auf den Ararat sind die Möglichkeiten der Vermietung ideal.

Strategische Förderung der einer tschetschenischen Organisation

Unsere tschetschenische Projektpartnerin* ist die einzige Jugendorganisation, die sich für die Rechte von Mädchen in den Dörfern der entlegenen Bergregionen Tschetscheniens einsetzt. Die Aktivistinnen schaffen sichere Räume für Frauen und Mädchen, in denen sie Ermutigung erfahren, ihr Leben selbst zu gestalten und neue Möglichkeiten für sich entdecken können. Die solidarische Gemeinschaft, die sie bei diesen Treffen erleben, soll sie Entlastung von dem enormen Druck, den ihre Familien und die Gesellschaft auf sie ausüben, erleben lassen. filias mehrjährige Förderung ist die einzige stabile Finanzierung für das Projekt und ermöglicht das Stattfinden des “Women’s and Girls‘ Clubs for Change”.

*Aufgrund von Sicherheitsbedenken seitens unserer Partnerin haben wir uns dafür entschieden, ihren Organisationsnamen aus unseren Publikationen zu entfernen.

Förderung der Organisation Fundacja w Stronę Dialogu im Rahmen unserer Kampagne #standwithukraine

Die 2012 von Roma- und Nicht-Roma-Frauen gegründete Fundacja w Stronę Dialogu stellt die Perspektiven und Erfahrungen von Rom*nja in den Mittelpunkt ihrer Arbeit und fördert den interkulturellen Dialog. Kurz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine eröffnete die Fundacja w Stronę Dialogu ein Rom*nja-Gemeinschaftszentrum in Warschau, Polen. Das Zentrum ist ein Zufluchtsort für aus der Ukraine geflüchtete Rom*nja, vor allem Frauen und Kinder. Durch filias Unterstützung konnten u. a. großzügige Räumlichkeiten samt Terrasse und Garten angemietet werden. Die Angebote im Zentrum richten sich nach den Bedürfnissen und der Nachfrage der Begünstigten. Neben der Vermittlung von wirtschaftlich verwertbaren Fähigkeiten geht es auch immer darum, die Gemeinschaft der geflüchteten Rom*nja zu stärken. Bei ihrer Arbeit haben die Aktivist*innen der Fundacja w Stronę Dialogu besonders im Fokus, das Selbstwertgefühl ihrer Begünstigten zu stärken, in dem sie die Fähigkeiten einer jeden einzelnen sowie auch das kulturelle Erbe der Rom*nja wertschätzen.