Strategischer Plan

1. Unsere Förderung

Wir fördern langfristig und flexibel.
Wir entwickeln filias Förderung in Mittel- und Osteuropa und die Empowermentprogramme in Deutschland weiter.
Wir entwickeln unsere Förderungen gemeinsam mit denen, die die Förderungen betreffen.
Wir entwickeln filia zu einer international agierenden Stiftung.

Basis unserer Förderung sind Selbstbestimmung und Vertrauen: Wir vertrauen darauf, dass Frauen, Mädchen und LBTIQ, die intersektional von Diskriminierung betroffen sind, selbst am besten wissen, was sie benötigen, um sich und ihre Communitys zu empowern. Daher ist es uns wichtig, unsere Projektförderung eng an den Bedarfen und Themen von Aktivist*innen und feministischen Bewegungen auszurichten. Im direkten Dialog mit Förderpartner*innen, Frauenstiftungen, Gremienmitgliedern und einem immer weiter wachsenden Netzwerk erfahren wir, welche Bedarfe Aktivist*innen an der Basis wirklich haben und wofür Graswurzelgruppen Geld benötigen. Darauf bauen wir unsere vielfältigen Förderaktivitäten auf.

Bei der Einladung von und Entscheidung für Förderpartner*innen spielen der spezifische lokale Kontext der Initiativen bzw. Aktivist*innen ebenso wie die politische Situation in einem Land eine wichtige Rolle. So fördern wir z. B. in Ländern mit homo- und transfeindlichen Regierungen und Gesellschaften insbesondere LBTIQ-Selbstorganisationen.

Unsere Förderstrategie folgt machtsensiblen Grundsätzen. Dazu gehören Barriere-Armut, Einfachheit und Flexibilität. Deshalb gestalten wir Ausschreibungen kurz und unbürokratisch, formulieren sie leicht verständlich und bei Bedarf zweisprachig. Unser Förderansatz ist intersektional.

Prioritär verteilen wir unsere regionalen Fördermittel explizit an Frauen, Mädchen und LBTIQ in Mittel- und Osteuropa (MOE). Mindestens 50 Prozent des jährlichen Fördervolumens kommen Aktivitäten in dieser Region zugute. Dabei setzen wir in unserer Arbeit unterschiedliche Schwerpunkte:

Bei der Förderung in MOE stehen für uns langfristige Partnerschaften im Zentrum. Um Kontinuität zu ermöglichen, vergeben wir die Förderung vorrangig über mehrere Jahre an junge Organisationen und sprechen diese gezielt an. Denn uns liegt daran, Gruppen in ihrem Aufbau strukturell zu unterstützen und zur Stärkung von Resilienz sowie zur Stabilität feministischer Initiativen beizutragen.
Wir sind davon überzeugt, dass Frauenstiftungen als Knotenpunkte lokaler feministischer Bewegungen gesellschaftlichen Wandel befördern. Deshalb arbeiten wir eng mit Frauenstiftungen aus dem Internationalen Frauenstiftungsnetzwerk Prospera zusammen. Gemeinsam führen wir regelmäßig und langfristig Projekte durch, in denen Frauenstiftungen gemeinsam mit Graswurzelorganisationen lokal und länderübergreifend an gesellschaftlich relevanten Herausforderungen und feministischen Visionen arbeiten, z. B. um mit gemeinsam entwickelten Strategien und durch gemeinsamen Austausch antifeministischen Bewegungen entgegenzutreten.
Darüber hinaus vergeben wir zu bestimmten Gelegenheiten und Anlässen auch kurzfristig Förderungen an Organisationen in MOE – z. B. in Krisensituationen. Auch hier gehen wir gezielt auf einzelne Gruppen zu oder fragen unser Netzwerk nach Empfehlungen.

Der zweite regionale Schwerpunkt unserer Arbeit ist Deutschland. Mit unseren Projektförderungen in Deutschland geben wir jungen und migrantischen Aktivist*innen die Möglichkeit, innovative Formate und Aktivitäten umzusetzen und sich zu empowern. Dabei ist für uns partizipative Förderung zentral: In unseren Empowerment-Programmen entscheiden Vertreter*innen der Zielgruppen über die Verteilung der Fördermittel. Seit über 10 Jahren haben wir im MädchenEmpowermentProgramm (MEP) und seit 2019 im Empowerment-Programm Frauen* & Flucht (EFF) Erfahrungen mit partizipativer Förderpraxis gesammelt. filia ist damit eine der ersten Stiftungen in Deutschland, die die Partizipation und das Empowerment von Aktivist*innen in ihre Förderpraxis intergiert hat und die Förderentscheidung an Aktivist*innen abgibt. Dieses Engagement setzen wir fort und werten es aus. Wir reflektieren die Erfolge und Herausforderungen des Programms, darunter auch die Rolle und Ausgestaltung von Partizipation und Empowerment und entwickeln unser Empowerment-Programm weiter.

Lange haben wir auch in unterschiedlichen Ländern des Globalen Südens gefördert. Derzeit prüfen wir, zu welchen Bedingungen wir unsere Förderung im Globalen Süden fortsetzen wollen. Wir stellen unsere bisherige Förderstrategie auf den Prüfstand und wägen ab, wie und wo wir sinnvoll und nachhaltig fördern können. Dabei diskutieren wir auch den inzwischen umstrittenen Begriff des „Globalen Südens“. Dieser Prüfprozess soll bis Ende 2025 abgeschlossen sein.

2. Unsere Advocacy- und Netzwerkarbeit

Unsere Arbeit ist eingebettet in internationale feministische Netzwerke und Diskussionen.

Als Teil feministischer Bewegungen verfolgen wir bei filia gemeinsam mit anderen Frauenstiftungen weltweit das Ziel, mehr Ressourcen für die Aktivitäten von Graswurzelgruppen von Frauen, Mädchen und LBTIQ zu generieren.

Wir engagieren uns verstärkt in internationalen feministischen Netzwerken. Derzeit ist unser wichtigster Arbeitszusammenhang das Netzwerk Prospera International Network of Women’s Funds. Im engen Austausch mit unseren Schwesterstiftungen erfahren wir viel über die aktuellen Bedarfe und Herausforderungen feministischer Bewegungen in den Ländern und Regionen, in denen wir mit unseren Förderungen aktiv sind, und bringen darüber hinaus auch unsere Erfahrungen aus der Projektförderung in MOE und in Deutschland ein. Darüber hinaus identifizieren wir in internationalen Diskussionen Themen und Bedarfe, die länder- und regionenübergreifend Einfluss auf feministische Arbeit haben. Die Ergebnisse fließen in unsere Advocacy-Arbeit ein, denn filia versteht sich als Advokatin für die Rechte von Frauen, Mädchen und LBTIQ und für feministisches Geben. Unsere Mitarbeit und unser Engagement in nationalen und internationalen Zusammenhängen sind für uns wesentlich, denn damit ist es uns möglich, die lokale Perspektive mit der globalen zu verbinden, Kämpfe und Erfolge der feministischen Bewegung sichtbar zu machen und Wege aufzuzeigen, wie Frauen, Mädchen und LBTIQ die Welt gerechter gestalten. Wir haben uns daher dazu verpflichtet, für die Anliegen von feministischen Aktivist*innen und Organisationen Bühnen und Zugänge bei Geldgeber*innen sowie in Politik und Öffentlichkeit zu schaffen. Wir setzen marginalisierte feministische Themen auf die Agenda von unseren Netzwerkpartner*innen.

In der deutschen Stiftungslandschaft, bei Geldgeber*innen, politischen Akteur*innen und in der Öffentlichkeit setzen wir Impulse für Gendergerechtigkeit und werben für die Prinzipien der feministischen Philanthropie, zu denen Geben mit Vertrauen und Geben mit einer solidarischen Haltung gehören.

3. Unsere Öffentlichkeitsarbeit

Wir schaffen Öffentlichkeit für die Rechte von Frauen, Mädchen und LBTIQ.
Wir stärken Prinzipien feministischen Gebens in der Öffentlichkeit und Politik.

Mit unserer Arbeit schaffen wir Sichtbarkeit für unsere Förderpartner*innen und Schwesternstiftungen sowie Aufmerksamkeit für feministische Themen, Kämpfe und Bedarfe. Unsere Öffentlichkeitsarbeit dient außerdem dem Fundraising und der Advocacy-Arbeit.
Dabei kommunizieren wir so, dass ungleiche Machtdynamiken sprachlich und bildlich nicht reproduziert werden. filia zeigt Frauen, Mädchen und LBTIQ als selbstbestimmte Akteur*innen.

4. Unser Weg, Mittel zu akquirieren

Wir arbeiten daran, filias Fördervolumen und Stiftungskapital kontinuierlich zu vergrößern.

Wir setzen uns in unserer Arbeit dafür ein, dass die finanziellen Mittel, die wir von privaten Geber*innen, Unternehmen und institutionellen Geber*innen (d. h. von öffentlichen Stellen, Stiftungen) vor allem in Deutschland mobilisieren, so flexibel wie möglich verwendet werden können – entsprechend den Bedarfen unserer Partner*innen. Dafür bauen wir auf langfristige und vertrauensvolle Partnerschaften und motivieren unsere Geber*innen zum „Geben mit Vertrauen“.
Vorrangig wendet sich unser Fundraising an private Geber*innen und setzt sich dafür ein, dass die Community der Geber*innen kontinuierlich wächst und uns langfristig unterstützt. Unser Fokus liegt auf freien Spenden. Willkommen sind auch Zustiftungen in unser Stiftungskapital. Gleichzeitig bemühen wir uns vermehrt um Vermächtnisse und Erbschaften. Langfristige Partnerschaften streben wir zudem mit Unternehmen an, dabei achten wir bei der Zusammenarbeit darauf, dass diese die Nachhaltigkeitskriterien erfüllen, die wir in der Vermögensanlage für Unternehmen formulieren.
Ein weiteres Ziel ist die Akquise finanzieller Mittel mit Anträgen bei Stiftungen und öffentlichen Stellen. Damit unsere Förderpartner*innen ebenso wie wir selber großen Gestaltungsspielraum haben und Projekte bestmöglich umsetzen können, legen wir Wert darauf, dass die Antrags- und Berichtsmodalitäten der institutionellen Geber*innen niedrigschwellig sind.
Wichtig ist uns, dass der Anteil privat eingeworbener Gelder langfristig höher ist als der durch öffentliche Förderung erhaltener Gelder, sodass wir möglichst frei und flexibel fördern können.

5. Unser verantwortungsvoller Umgang mit Geld

Wir nutzen unser Geld nachhaltig und diversitätssensibel.

Geld ist für uns ein wichtiges Gestaltungsmittel, daher nutzen wir unsere Kapitalanlagen im Sinne unserer Vision. Im Umgang mit Geld vertreten wir ein ganzheitliches Verständnis und haben deshalb eine ökologische Hausbank. Wir prüfen genau, wo und wie die Stiftung investiert, wem die Investition nützt oder wem sie schadet. Das Vermögen von filia wird entlang nachhaltiger Investitionskriterien angelegt. Dabei achten wir darauf, dass bestehende Ungleichheiten nicht verstärkt werden. Wir schließen nicht nur Atomkraft, Rüstung und Kinderarbeit aus, sondern achten darauf, dass unsere Kriterien der Nachhaltigkeit, der sozialen wie ethischen Verträglichkeit und besonders auch der Gendergerechtigkeit erfüllt werden.

Für unseren verantwortungsvollen Umgang mit Geld sensibilisieren wir auch Geber*innen, Banken und Anbieter*innen. Auch bei der Auswahl von Dienstleister*innen (z.B. Trainer*innen, Grafiker*innen oder Cateringdiensten) achten wir auf Nachhaltigkeit und Diversitätskriterien und vergeben Aufträge möglichst an Unternehmen, die unsere feministische Werte teilen und von Frauen oder LBTIQ geleitet werden. Damit tragen wir dazu bei, diskriminierende Strukturen nicht noch weiter zu verstärken. Bei der Auswahl von Produkten und Arbeitsmaterialien achten wir auf ökologische und soziale Nachhaltigkeit.

6. Unsere feministische Arbeitskultur

Wir entwickeln unser Verständnis von Feminismus ständig weiter.

Als feministische Stiftung ist unser Anliegen, in Arbeits-, Kommunikationskultur und Personalentwicklung nach feministischen Werten zu handeln. Wir erkennen an, dass diskriminierende Strukturen das Denken und Handeln von Menschen prägen. Zugleich sind wir bestrebt, dies zu reflektieren und diskriminierungskritische Diversität zu leben. Wir bemühen uns um eine machtsensible Haltung, sowohl innerhalb der filia-Geschäftsstelle als auch stiftungsweit – z. B. in der Arbeit mit unseren Förderpartner*innen, Gremienmitgliedern und Geber*innen.
Zu unserem Selbstverständnis gehört es, Prozesse anzuschieben und zu gestalten, die dazu beitragen, Macht transparent zu machen, verantwortungsvoll damit umzugehen und Macht abzugeben – sowohl innerhalb der Stiftungsstrukturen als auch in der Zusammenarbeit mit unsren Förderpartner*innen.

Disclaimer: filias Strategischer Plan ist zeitlich nicht festgeschrieben, sondern wird regelmäßig überprüft und aktualisiert. (Stand: Januar 2024)