Fokus Demokratien stärken

Ohne gleichberechtige Teilnahme von Frauen, Mädchen und LBT (Lesbians, Bi- und Transgender) ist keine Demokratie zu haben. Bis 2030 soll das Entwicklungsziel Nr. 5: „Gleichberechtigung aller Geschlechter“ in 193 Staaten der UN verwirklicht sein. filia versteht sich als Tochter der Frauenbewegung, unterstützt Frauenorganisationen, die strukturell etwas verändern wollen, vernetzt Partner*innen oder beteiligt sich an Netzwerken, die daran arbeiten, Frauen und Mädchen in Entscheidungspositionen zu bringen, ihren Stimmen hörbar, ihre Positionen sichtbar werden zu lassen. Aber mit dem zunehmenden Erfolg der Frauenbewegung wird auch der Gegenwind schärfer.

Frauen und Mädchen stärken – Teilhabe ermöglichen

Das Thema von Demokratieförderung zieht sich als Querschnitt durch alle Förderprogramme von filia. Die Stärkung der Partizipation von Frauen und Mädchen auf allen gesellschaftlichen Ebenen bedeutet mehr Gestaltungsmacht, Verantwortung und Einfluss. Außerdem hat sich filia auf den Weg zur strukturellen Mitbestimmung begeben: In Beiräten von jungen Frauen* und Geflüchteten wählen Frauen und Mädchen Projekte mit aus unten dem Motto: „Nichts über uns ohne uns.“ Partizipation von Frauen und Mädchen zu stärken bedeutet Demokratie zu stärken.

Antifeminismus bedroht zivilgesellschaftliche Freiräume

Die Zusammenarbeit mit und die Unterstützung von Partnerinnen aus Mittel- und Osteuropa ist seit Gründung 2001 ein Arbeitsschwerpunkt. In manchen Ländern Mittel- und Osteuropas werden die Zeiger der Gleichberechtigungsuhren aber gegenwärtig wieder zurückgestellt. Antifeminismus hat viele Gesichter. Konservative Regierungen beschließen sinnlose Auflagen und frauenfeindliche Gesetze. Populistische Medien diffamieren und antifeministische Gruppen üben mit Hetzkampagnen und direkt auf der Straße Gewalt aus. Ihr Ziel ist es, die Arbeit der Frauengruppen und Aktivist*innen zu behindern und ihre Vision einer freien, gerechteren Welt gegen hergebrachte Traditionen, Familienwerte und eine angebliche „Nationalkultur“ auszuspielen. Gerade kleinere Organisationen, die noch keine internationalen und wenig nationale Kontakte haben, benötigen dringend eine Stärkung durch Informationen und Vermitteln von Handwerkszeug. Das Thema der Einschränkung zivilgesellschaftlicher Organisationen geht alle an, die Demokratieentwicklung und zivilgesellschaftliche Beteiligung unterstützen.

Demokratien stärken durch weltweite Vernetzung

Im weltweiten Frauenstiftungsnetzwerk Prospera tauschen sich die Frauenstiftungen über die Entwicklungen in ihren Ländern aus. Da die Probleme des Antifeminismus massiv zunehmen, ist es immer wichtiger geworden, unsere Kräfte zusammen zu führen. Wir müssen externe Mittel akquirieren, um Kooperationsprojekte auf die Beine stellen zu können. Die Frauenstiftungen aus Prospera sind für filia ideale Kooperationspartnerinnen: getragen von einer gemeinsamen feministischen Vision und gut vernetzt zu Basisgruppen in den eigenen Ländern. Hier kommt filia eine andere Rolle zu: Unterstützen wir sonst die Ideen und Projekte, die Frauen, Mädchen und LBTIQ+ selbst entwickeln und realisieren, sind wir an dieser Stelle Initiatorin und auch Anstifterin.

Einblick in unsere Projektarbeit

Aktuelle Projekte zum Fokus „Demokratien stärken“

Kooperationsprojekt „Feminist Grassroots in the Western Balkans“
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Kooperationsprojekt „Feminist Resilience“
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Kooperationsprojekt „On the Right Track“
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Aktuelle Nachrichten aus den Projekten

Aktuelle Projekte im Fokus „Demokratien stärken“

Feminist Resilience – Stärkung der Resilienz von Frauenrechtsorganisationen

Dieses Kooperationsprojekt wird vom Auswärtigen Amt gefördert.

Ziel der Kooperation von Frauenstiftungen in Armenien, Georgien, der Ukraine und Deutschland ist es, die institutionelle, kollektive und individuelle Resilienz von feministischen Organisationen und Aktivist*innen zu stärken. Feministische Organisationen und Aktivist*innen erfahren weitweit eine übermäßige Belastung – als Einzelpersonen, die oft aufgrund ihres Geschlechts und anderer Merkmale diskriminiert werden ebenso wie kollektiv als Gruppen von Menschen, die die bestehenden Machtverhältnisse in Frage stellen und sich so zur Zielscheibe von Gewalt und Anfeindungen machen. Zu guter Letzt werden feministische Organisationen auch institutionell ge- und überfordert. Sie sind massiv unterfinanziert, werden von rechtspopulistischen Regierungen bedrängt und von antifeministischen Gruppen bedroht.

Der Fokus liegt zunächst auf der Bedarfserfassung: In gemeinsamen Diskussionen nehmen die Frauenstiftungen die aktuelle Situation unter die Lupe. Eine wichtige Rolle spielen dabei auch die jeweiligen gesellschaftlichen Kontexte in den Ländern. Sie entwickeln mit professioneller Begleitung eine Studie zur Resilienz von Frauenorganisationen, zu deren Teilnahme Frauenorganisationen in allen vier Ländern eingeladen werden. Die teilnehmenden Frauenorganisationen erhalten im Anschluss eine Förderung um Projekte zur Resilienzstärkung durchzuführen.

filia.die frauenstiftung fördert im Rahmen von „Feminist Resilience“ folgende Organisationen in Deutschland:

Radikale Resilienz durch Intersektionalität, Inklusion und Self-Care – Intervention e.V. (Hamburg)
Intervention e.V. will sich im Rahmen des Projektes stärker mit ihren intersektionalen Perspektiven auseinandersetzen. Die Hoffnung ist, dass Intervention e.V. und die angehörigen Projekte sich so weiter öffnen und mehr Personen mit ihren Angeboten und Ressourcen erreichen können. Neben diesen wichtigen Fragen will Intervention mit dieser Förderung auch in die Stärkung ihrer Resilienz, Teamkohärenz und Selbstfürsorge investieren, um Belastungen, die damit einhergehen kontinuierlich in Konfrontation mit patriarchalen, kapitalistischen, queer-trans-lesben-homo-feindlichen, rassistischen Strukturen zu sein, entgegenzuwirken.

Selfcare-Maßnahmen im Mädchentreff – Mädchentreff Bielefeld e.V.
Das Team des Mädchentreffs wird die Förderung für Selfcare-Maßnahmen nutzen. Es ist ihnen wichtig, als Team Zeit miteinander zu verbringen – außerhalb der hohen Arbeitsbelastungen aufgrund von Arbeitsverdichtung, Fachkräftemangel und vermehrten Problemen seitens ihrer Besucherinnen. Geplant ist ein dreitägiger Retreat am Meer, zum Durchatmen und Begegnen außerhalb des herausfordernden Arbeitskontextes. Ebenso will das Team die Förderung nutzen, um heraus zu finden, wie sie Selfcare im Alltag umsetzen können. Dazu werden sie Maßnahmen mit einer professionellen Trainer*in erarbeiten und umsetzen. Das könnten kleine Rituale sein, wöchentliche Einheiten, z.B. Yoga oder etwas anderes.

Rassismus entgegentreten: Resilienz stärken mit Selfcare und Teambuilding – Tutmonde e.V. (Stralsund)
Tutmonde benötigt eine stärkere Professionalisierung der Vereinsarbeit und die Möglichkeit der Abgrenzung von hauptamtlich Tätigen. Sowohl für die Ehrenamtlichen als auch Hauptamtlichen ist es wichtig, Methoden der Selbstfürsorge und Resilienzstärkung im Alltag anwenden zu können. Alle mitarbeitenden Personen haben es sehr oft mit herausfordernden Situationen von Geflüchteten zu tun. Hier ist es wichtig, empathisch zu sein und sich dennoch abgrenzen zu können. Die Struktur der Ehrenamtlichen ist aktuell homogen; eine Diversifizierung ist wichtig, um so auf verschiedene Erfahrungswerte und Kompetenzen zurückgreifen zu können. Dies stärkt die Arbeitsweise und Widerstandsfähigkeit des Vereins und auch die Bindung der Ehrenamtlichen. Dafür müssen Angebote geschaffen werden (Ehrenamtspauschale, Fortbildungen). Auch gegenseitige Wertschätzung zwischen Haupt- und Ehrenamtlichen durch z.B. Teambuildung-Workshop, um in den immer strukturell rassistischen Situationen die Kräfte aller Engagierten zu stärken und einen sicheren Ort zum Austausch jenseits des Alltags zu schaffen.

To the Future! Organisationsentwicklung – Women in Exile e.V. (Potsdam)
Women in Exile e.V. sucht eine neue Mitarbeiterin für das Büroteam. Die Person, die bei Women in Exile e.V. die längste und meisten Erfahrung(en) auf aktivistischer und organisatorischer Ebene hat, wird in Rente gehen. Es braucht daher eine verantwortungsvolle und motivierte Person, um in ihre Fußstapfen zu treten. Women in Exile will vor allem in den eigenen Kreisen suchen. Die Förderung soll als zusätzliches Honorar für das Büroteam für die zusätzliche Arbeit bei der Suche nach einer neuen Mitarbeiter*in eingesetzt werden. Die professionelle Unterstützung durch die Trainer*in wird für eine Begleitung des Einarbeitungsprozesses der neuen Person genutzt.

Feminist Grassroots in the Western Balkans

Dieses Kooperationsprojekt wird vom Auswärtigen Amt gefördert.

Nicht nur der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, auch der aktuell wiederaufkeimende Konflikt im Westbalkan führt uns vor Augen, dass in Europa kriegerische Auseinandersetzung immer noch zum Alltag vieler Menschen gehören. Zudem versucht die russische Regierung durch Desinformation und Verschwörungserzählungen gezielt in Südosteuropa pro-russische Kräfte zu festigen und anti-demokratische Haltungen zu stärken. Hinzu kommen Herausforderungen durch die Nachwirkungen der Corona-Pandemie, die Klimakrise und die daraus resultierende Wirtschaftskrise. Frauen, Mädchen und LGBTIQ+ sind am stärksten von den negativen Auswirkungen dieser Entwicklungen betroffen.

Aus Studien wissen wir, dass starke, unabhängige feministische Graswurzelorganisationen ein entscheidender Faktor für gesellschaftlichen Wandel sind. Feministische Aktivist*innen sind Expert*innen für die Anliegen von Frauen, Mädchen und LGBTIQ+ und sie wissen, was es vor Ort braucht, damit die Situation für alle verbessert werden kann. Im Westbalkan haben sich in den letzten Jahren zahlreiche feministische Organisationen gebildet, die lokal an Lösungen für ein demokratisches und friedliches Miteinander arbeiten und die sich für einen gesellschaftlichen Bewusstseinswandel einsetzen. Gleichzeitig geraten auch sie stärker unter Druck, weil rechtsnationale Parteien und anti-feministische Gruppierungen ihre Arbeit bedrohen – mit bürokratischen Hürden, Ängste schürender Propaganda bis hin zu gewaltvollen Übergriffen. Die Arbeit dieser feministischen Gruppen zu stärken und nachhaltig zu sichern, ist Ziel des Projekts „Feminist Grassroots in the Western Balkans“. filia kooperiert für das Projekt mit drei weiteren Frauenstiftungen: mit der Ecumenical Women’s Initiative (EWI) mit Sitz in Kroatien, dem Reconstruction Women’s Fund (RWF) in Serbien und dem Bulgarian Fund for Women (BFW).

On the right track

„On the right Track“ ist ein Kooperationsprojekt von 19 Frauenstiftungen aus Europa und Lateinamerika. Gemeinsam unterstützen die Stiftungen feministische Graswurzelorganisationen dabei, Strategien gegen den zunehmenden antifeministischen Rechtsruck zu entwickeln. Das Projekt setzt sich mit Themen auseinander, die Zielscheibe von Rechten sind, wie z.B. Fragen von reproduktiven Rechte und sexueller Selbstbestimmung, Sichtbarkeit von LBTIQ+ sowie antirassistischer Netzwerkarbeit. Im Rahmen von „On the right Track“ können aber auch direkte Aktionen gegen Rechts konzipiert werden.

filia.die frauenstiftung fördert im Rahmen von „On the right Track“ folgende Organisationen:

Ar(c)tivist well-being and resilience collective – Belarus
Das Kollektiv wurde von einer Gruppe von Aktivist*innen und Kulturschaffenden aus Belarus ins Leben gerufen, die sich den Herausforderungen marginalisierter Gruppen widmen. Die Gruppe unterstützt Menschen in Belarus, die mit Repressionen konfrontiert sind, in ihrem Aktivismus. Die Weiterentwicklung sowohl von Individuen als auch Gruppen steht im Fokus der Arbeit – ungeachtet des extrem toxischen Umfelds in Belarus. Das Kollektiv bietet Unterstützung, indem die Organisation beispielsweise einen vorübergehenden sicheren Raum für Menschen schafft, die sich über längere Zeit in einer Situation extremen Drucks befunden haben. Oder indem es den Aktivist*innen einfache und zugängliche Praktiken zur Wiederherstellung ihrer Resilienz und zur Selbstfürsorge vermittelt.

Tranzycja.pl – Polen
Tranzycja.pl ist ein kollaborativer Wissenspool, der sich auf die Stärkung der polnischen Transgender-Gemeinschaft konzentriert. Die Hauptaktivitäten von Tranzycja.pl bestehen darin, auf einer Website und über soziale Medien Informationen über den Transitionsprozess zur Verfügung zu stellen, die politische Landschaft zu beobachten, Anti-Trans-Narrativen entgegenzuwirken und Desinformationen zu entlarven. Tranzycja.pl informiert die Community sowie Fachleute, die mit Trans-Menschen arbeiten, über eine Vielzahl von medizinischen, rechtlichen und politischen Themen. Tranzycja.pl setzt sich u.a. auch ein für die Sichtbarkeit der Geschichte von Trans-Personen und für angemessene Verhaltenskodizes für trans-freundliche Einstellungsverfahren.

Women’s Center. Shushi – Armenien
Das Women’s Center. Shushi ist eine feministische Organisation, die mit und für Frauen arbeitet. Women’s Center. Shushi arbeitet in den Bereichen Menschenrechte mit Fokus Frauen, reproduktive und sexuelle Rechte, Gesundheit, Gewalt gegen Frauen und zur Rolle von Frauen im Prozess der Konfliktlösung und Friedenskonsolidierung. Women’s Center. Shushi Hauptziel ist es, Frauen die nötigen Werkzeuge an die Hand zu geben und sie durch Bildung und Unterstützung zu befähigen, aktive Gestalter*innen zu sein.

GrlzWave – Georgien
GrlzWave ist eine von jungen Frauen geleitete Organisation mit Sitz in Tiflis, Georgien. GrlzWaves Missin ist es, Frauen und marginalisierte Gruppen zu stärken und ihre Sichtbarkeit und Teilhabe in der Gesellschaft zu verbessern. GrlzWave möchte offene Diskussionen über Geschlechterungleichheit, Behinderungen, Diskriminierung, geschlechtsspezifische Gewalt, Sexualerziehung usw. anstoßen, um Stigmata zu zerstören und Stereotypen abzubauen. Durch ihre Bildungsinhalte schärft GrlzWave das Bewusstsein und wirkt falschen Überzeugungen und toxischem Verhalten entgegen, was in der georgischen Gesellschaft verbreitet sind. GrlzWave ermutigt ihre Zielgruppen, ihre Stimme zu erheben und die Aufmerksamkeit auf feministische Visionen zu lenken. GrlzWave schafft sichere Räume, in denen Menschen ihre Herausforderungen und Erfahrungen austauschen und sich gegenseitig unterstützen können, ohne dass es zu Hassreden kommt.

Feminist Workshop – Ukraine
Feminist Workshop ist eine kollektive feministische Organisation in der Ukraine. Feminist Workshop ermutigt Frauen auf ihrem aktivistischen Weg von den ersten Schritten bis zur Schaffung eigener Projekte. Feminist Workshop organisiert sowohl Community-interne als auch öffentliche Bildungsveranstaltungen und Treffen. Die Organisation schafft zum Beispiel eigene Medieninhalte und organisiert Treffen mit Multiplikator*innen. Feminist Workshop sieht sich Angriffen von konservativen antifeministischen Aktivisten ausgesetzt und wehrt sich regelmäßig dagegen. Durch ihre Aktivitäten zeigt Feminist Workshop der breiten Öffentlichkeit, dass der Schutz von Frauenrechten auch in Krisenzeiten möglich ist, insbesondere während des anhaltenden Krieges.

Zentrum für Frauen und Kinder Viktorija – Serbien
Ziel des Zentrum für Frauen und Kinder Viktorija sind der Schutz der Menschenrechte, mit Schwerpunkt auf Frauenrechten der Roma-Frauen auf lokaler Ebene, der Verbleib möglichst vieler Roma-Kinder in Grund- und weiterführenden Schulen sowie die Verbesserung der Gesundheit und des sozialen Schutzes von Roma-Frauen und -Kindern. Der derzeitige Schwerpunkt der Arbeit des Zentrums liegt auf den sexuellen und reproduktiven Rechten und der Stärkung von Frauen und Mädchen: zum Beispiel durch die Organisation von Workshops zur Sensibilisierung für die Gefahr von Frühverheiratungen oder die Bedeutung regelmäßiger Besuche bei Gynäkolog*innen.