Alle im gleichen Boot

Viele feministische Organisationen haben zu viel zu tun und zu wenig Geld. Außerdem arbeiten viele von ihnen mit Personen, die sich in extremen Bedrohungssituationen befinden. Feminist Resilience hilft Aktivist*innen, besser für sich und andere zu sorgen.

Feminist Resilience ist ein Kooperationsprojekt zwischen dem Ukrainian Women’s Fund, dem Women’s Fund in Georgia, Women’s Fund Armenia und filia.die frauenstiftung, gefördert vom Auswärtigen Amt. Das fast dreijährige Projekt stärkt die Resilienz, die Widerstandskraft, von feministischen Aktivist*innen und ihren Organisationen. Denn sie stehen überall auf der Welt unter Druck. Sie werden von rechten Gruppen angegriffen. Regierungen erlassen drangsalierende Gesetze. Politische, wirtschaftliche und kriegerische Krisen bedrohen ihre Arbeit. Doch ohne stabile feministische Strukturen leiden auch die nationalen Demokratien.

Wie stärken wir Resilienz?

Zur Stärkung ihrer Resilienz erhalten die teilnehmenden Organisationen einerseits Geld und Beratung. Zusammen mit externen Berater*innen werden Resilienz-Arbeitspläne aufgestellt, die Schwachstellen in der jeweiligen Organisation identifizieren und beheben. Andererseits organisieren die Frauenstiftungen Austausch, digital und persönlich, um das Mit- und Voneinander-Lernen zu ermöglichen. In diesem Zusammenhang gab es im Dezember 2023 ein Treffen der deutschen Projektpartner*innen in Hamburg.

Übungen für Feminist Resilience

Beim Treffen achtete Moderator*in Sam Schulz darauf, dass es nicht nur Austausch und Gespräche gab. Immer wieder streute Sam Übungen ein. Eine davon war zum Beispiel die Quadrat-Atmung (siehe Box). Solche Übungen, von Sam „Care-Praxen“ genannt, helfen im Alltag sich gegen Stress zu wappnen. Eine Teilnehmer*in erkannte: „Zeit kann sich beugen. Wir müssen uns die Zeit für solche Übungen auch nehmen. Denn unsere Meetings müssen nicht nur mit Inhalten gefüllt werden. Gemeinsame Fürsorge darf Platz haben.“

„Care“ kurz erklärt!

Care ist ein wichtiger Bestandteil resilienter Strukturen. Einfach übersetzt bedeutet Care: Pflege, Fürsorge. Ganz allgemein bedeutet Care immer die Fürsorge für andere, das Kümmern um andere. Wir können uns allerdings auch um uns selbst sorgen (self care) oder gemeinsam für unsere Gruppe (collective care).

Quadrat-Atmung

Die Übung „Quadrat-Atmung“ hilft in stressigen Situationen zur Ruhe zu kommen. So geht sie: 4 Sekunden einatmen, 4 Sekunden anhalten, 4 Sekunden ausatmen, 4 Sekunden anhalten. Die Übung so oft wiederholen, bis sich Geist und Körper entspannt haben.

Viele Aha-Erlebnisse

Für alle Teilnehmer*innen war das peer-to-peer-consulting (deutsch: kollegiale Beratung) besonders hilfreich. Die Frage war, was die größte „Care Challenge“ (deutsch: Care-Herausforderung) für die Teilnehmer*innen sei. In Kleingruppen berichtet jeweils eine Teilnehmer*in von ihrer „Care Challenge“. Die anderen gaben daraufhin Tipps, berichteten von eigenen Erfahrungen und tüftelten mit der Ratsuchenden gemeinsam an einer Lösung. Infolgedessen gab es für viele bei diesen Beratungen echte Aha-Erlebnisse: „Nicht ich allein bin das Problem, es liegt auch an unsere Strukturen. Ich gleiche zu oft aus, wo unsere Strukturen nicht funktionieren. Statt mich zu überlasten, sollte ich klarer Grenzen ziehen und fordern, dass wir die Strukturen ändern.“

Bereits in vorhergehenden Kooperationsprojekten haben filia und ihre Schwesternstiftungen gelernt, wie hilfreich und empowernd Treffen und Austausch für feministische Aktivist*innen sein können. Sich als Teil einer viel größeren, nationalen Bewegung zu erfahren, gibt den Personen Halt und Zuversicht. Beim Treffen im Dezember 2023 haben die Teilnehmer*innen sehen können, wie ähnlich ihre Probleme doch alle sind. Denn leider fehlen bei allen die Ressourcen für ihre viele Arbeit. Wie sie trotz zu wenig Geld und Personal ihre Aufgaben bewältigen können und dabei Self Care und Collective Care nicht zu kurz kommen, wird im weiteren Verlauf des Projekts Feminist Resilience sicherlich noch oft Thema sein.