Fundacja w Stronę Dialogu unterstützt geflüchtete Rom*nja
Kurz nach dem Einmarsch Russlands in der Ukraine eröffnete die Fundacja w Stronę Dialogu (deutsch: Stiftung für den Dialog) ein Rom*nja-Gemeinschaftszentrum in Warschau. Das Zentrum sollte für aus der Ukraine geflüchtete Rom*nja, vor allem Frauen und Kinder, ein Zufluchtsort sein. filia unterstützte den Aufbau des Zentrums und die Arbeit dort im Rahmen unserer Kampagne #standwithukraine.
Die 2012 von Roma- und Nicht-Roma-Frauen gegründete Fundacja w Stronę Dialogu stellt die Perspektiven und Erfahrungen von Rom*nja in den Mittelpunkt ihrer Arbeit. Sie verbreitet Wissen über die Rom*nja-Gemeinschaft und fördert den interkulturellen Dialog. Die Organisation folgt feministischen Grundsätzen. Sie konzentriert sich insbesondere auf Antidiskriminierungsarbeit. Dabei arbeitet sie in den Bereichen Forschung und Bildung. Fundacja w Stronę Dialogu ist auch eine Akteur*in in der Lobbyarbeit für Rom*nja-Gemeinschaften in Polen.
Soforthilfe für geflüchtete Rom*nja
Mit der finanziellen Unterstützung von filia und anderen Spender*innen konnte die Fundacja w Stronę Dialogu für Rom*nja-Frauen und -Kinder aus der Ukraine Soforthilfe leisten. Sie verteilten beispielsweise Lebensmittel und Medikamente. Darüber hinaus erhielten die geflüchteten Personen sozio-psychologische Beratung. Die Förderung von filia wurde außerdem genutzt, um das Team in Zeiten hohen Stresses und immenser Arbeitsbelastung mit Schulungen und Selfcare-Maßnahmen zu stärken.
Aufgrund des wachsenden Bedarfs ist die Organisation seit Kriegsbeginn von drei auf ca. 50 Mitarbeitende angewachsen. Etwa die Hälfte der Teammitglieder hat einen Rom*nja-Hintergrund. Tatsächlich gehören nun auch ehemalige Begünstigte zum Team. Das Team ist mittlerweile sehr vielfältig, sowohl in Bezug auf die Herkunft als auch auf das Alter und die Identität. Es sieht sich daher sowohl mit externen als auch mit internen Herausforderungen konfrontiert. Mit diesen versucht es in einem ständigen Reflexionsprozess angemessen umzugehen. Es wurden zum Beispiel spezifische Kommunikationsrichtlinien entwickelt (z. B. zur Verhinderung von Mobbing und sexuellem Missbrauch sowie Richtlinien bei Interessenkonflikten). Diese Richtlinien helfen dem Team, für alle Mitarbeitenden einen sicheren Raum zu schaffen. Gleichzeitig absolviert das Team regelmäßig Kommunikationstrainings.
Nicht nur das Team, auch die Räumlichkeiten sind größer geworden. Anfänglich fanden die Hauptaktivitäten des Gemeinschaftszentrums in einer 120 Quadratmeter großen Wohnung statt. Es stellte sich sehr bald heraus, dass diese Wohnung schlicht zu klein war. Die Gruppe beschloss daraufhin, das Risiko einzugehen, größere Räumlichkeiten mit Garten und Terrasse anzumieten. Vorteil der neuen Räumlichkeiten war auch, dass die Organisation ihr Angebot an Aktivitäten erweitern konnte, zum Beispiel mit Gartenarbeit zur Bewältigung von Traumata.
Stärkung des Selbstwertgefühls steht im Fokus
Das Team hat ein Unterstützungsprogramm entwickelt, um geflüchtete Rom*nja in Polen zu stärken. Der Aufbau von Selbstwertgefühl, das auf den Fähigkeiten der Einzelnen sowie auf dem Stolz der Rom*nja und ihrem kulturellen Erbe beruht, ist der Schlüssel für die Arbeit der Fundacja w Stronę Dialogu. Viele Rom*nja haben Zeit ihres Lebens gehört, dass sie nichts können. Aufgrund von diskriminierenden Ausschlüssen hatten viele von ihnen keinen Kontakt zu formaler Bildung. Daher konzentriert sich die Fundacja w Stronę Dialogu bei ihrer Arbeit auf die interessanten Lebensperspektiven und -erfahrungen ihrer Begünstigten.
Seit Beginn des Krieges hat die Fundacja w Stronę Dialogu etwa 7.000 Menschen unterstützt. Es werden stets mehrere hundert Menschen zur selben Zeit auf vielfältige Art und Weise unterstützt. Viele der Begünstigten sind Familien mit mehr als vier Personen. Die Fundacja w Stronę Dialogu teilt jeder Familie eine soziokulturelle Assistent*in zu. Diese Person arbeitet täglich mit ihren Klient*innen gemeinsam an der Entwicklung von Zielen und Maßnahmen, die sich an deren individuellen Ressourcen orientiert und diese stärken.
Geflüchtete Rom*nja bekommen Angebote gemäß ihren Bedürfnissen
Die Schaffung spezifischer Aktivitäten richtet sich nach den Bedürfnissen und der Nachfrage der Begünstigten. Romani-Sprachkurse sowie Kochkurse leiten die Rom*nja selbst. Sie basieren auf Vertrauen und einem offenen Dialog. Maniküre- und Nähkurse werden folgen. Alle Kursangebote haben neben dem gemeinschaftlichen Austausch die Funktion, wirtschaftlich verwertbare Fähigkeiten der Teilnehmenden zu verbessern. So soll den geflüchteten Rom*nja der Zugang zum polnischen Arbeitsmarkt erleichtert werden.
In den letzten Monaten haben die Aktivist*innen der Fundacja w Stronę Dialogu ihre Arbeit von der Unterstützung der Grundbedürfnisse auf integrative Aktivitäten verlagert. In diesem Zusammenhang führten sie auch eine Untersuchung über die Situation der ukrainischen Rom*nja in der Region Podkarpackie (Grenzregion) durch.
Rückmeldung an filia
Die Fundacja w Stronę Dialogu gab filia die Rückmeldung, dass filias Zuschuss für ihre Arbeit besonders hilfreich war. Denn nur wenige fördernde Institutionen gewähren flexible Zuschüsse, die auch Stärkung der organisatorischen resilienz und Selfcare-Maßnahmen für das Team sowie Flexibilität bei der Verlängerung der Förderphase ermöglichen. Aufgrund der hohen Arbeitsbelastung war es essentiell für die Fundacja w Stronę Dialogu sich neben den Projektaktivitäten auch um das Wohlergehen des eigenen Teams zu kümmern. Es war außerdem nützlich, dass die Förderphase unbürokratisch verlängert werden konnte. So konnte das Team sorgfältig Richtlinien zur psychosozialen Unterstützung erarbeiten, die ihre zukünftigen Bemühungen umso erfolgreicher werden lassen.