Offener Brief: Menschenrechte von LSBTI* in Uganda müssen geschützt werden

Im Netzwerk Regenbogenstiftungen haben wir einen offenen Brief an die Bundesregierung und an politische Entscheider*innen verfasst, der die Einschränkung der Menschenrechte durch ein neues Gesetz gegen Homosexualität in Uganda anprangert und in dem wir schnelle und unbürokratische Unterstützung für LSBTI* in Uganda fordern:

„Anti-Homosexuality Act“ nennt sich das ugandische Gesetz, das Leben, Freiheit und Menschenrechte von LSBTI* in Uganda in unerträglicher Weise bedroht und einschränkt. Dieses Gesetz trat mit der Unterzeichnung durch Präsident Yoweri Museveni im Mai dieses Jahres in Kraft.
Das Gesetz sieht lebenslange Haftstrafen für gleichgeschlechtliche Handlungen und sogar die Todesstrafe für „schwere Homosexualität“ vor. Darunter verstehen die Erfinder*innen und Autor*innen des Gesetzes wohl u.a. Wiederholungstaten oder homosexuelle Handlungen, die von einer Person getätigt werden, die bereits wegen Homosexualität verurteilt worden ist.

Die „Förderung der Homosexualität“ wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu 20 Jahren und Geldstrafen geahndet. Dadurch können Organisationen, die LSBTI* unterstützen, nur noch unter größter Gefahr bzw. nicht mehr arbeiten. Und mehr: Das Gesetz verpflichtet Angehörige, Nachbar*innen, Ärzt*innen, Behörden zur Denunziation, wenn ihnen die Lebensweise oder sexuelle Identität von LSBTI* bekannt wird. So können alle Personen wegen tatsächlicher oder angenommener Homosexualität willkürlich denunziert und erpresst werden. Als Folge verlieren LSBTI* ihre Wohnung oder den Zugang zu medizinischer Versorgung und werden daran gehindert, Hilfsangebote von unterstützenden Organisationen anzunehmen. Sie werden verfolgt, erfahren brutale Gewalt und müssen um ihr Leben fürchten; im Gefängnis erwarten sie schlimmste Haftbedingungen. Das Anti-Homosexualitäts-Gesetz verstößt gegen die Menschenrechte und befeuert gesellschaftliche Diskriminierung und Gewalt gegenüber queeren Menschen. Es besteht außerdem die Gefahr, dass Fortschritte, die Uganda bei der Bekämpfung von HIV/AIDS gemacht hat, zunichtegemacht werden. Uns erreichen haarsträubende Berichte von Aktivist*innen vor Ort zur derzeitigen Situation von LSBTI* im Land. Viele unserer Kolleg*innen verlassen das Land und suchen in den Nachbarländern oder Europa Zuflucht.

Wir fordern Bundesregierung und Bundestag, die Botschaften, die hiesigen zivilgesellschaftlichen Menschenrechtsorganisationen, die Organisationen der Entwicklungszusammenarbeit und die Durchführungsorganisationen auf, LSBTI* in Uganda schnelle und unbürokratische Unterstützung zukommen zu lassen. LSBTI*-Organisationen vor Ort müssen finanzielle Soforthilfen erhalten, um dringende Notfallmaßnahmen zum Schutz der LSBTI*-Community vor Ort umsetzen zu können. Die Bundesregierung muss zudem LSBTI*-Menschenrechtsverteidiger*innen aus Uganda, die durch ihre Arbeit in Nichtregierungsorganisationen besonders gefährdet sind, mithilfe humanitärer Visa in Deutschland Schutz gewähren.

Darüber hinaus muss die Bundesregierung dafür sorgen, dass die ugandischen Abgeordneten und Vertreter*innen der Kirchen und evangelikalen Organisationen, die dieses Gesetz ersonnen und ins Parlament eingebracht haben, nicht mehr in den Schengenraum einreisen können. Die allen Menschenrechten Hohn sprechenden Taten dieser Personen dürfen nicht ohne Konsequenzen bleiben. Des Weiteren muss die Bundesregierung sicherstellen, dass solche menschenfeindlichen Aktivitäten nicht länger mit Mitteln aus Deutschland unterstützt werden. Die gesamte Entwicklungszusammenarbeit mit Uganda gehört auf den Prüfstand:
LSBTI*feindliche Kräfte dürfen nicht gestärkt werden, Mittel müssen umgewidmet und auch an LSBTI*-freundliche Organisationen weitergeleitet werden. Die Bundesregierung, die Kirchen und die gesamte deutsche Zivilgesellschaft müssen jegliche Zusammenarbeit mit dem „Inter-Religious Council of Uganda“ und seinen Mitgliedsorganisationen (z. B. die Anglikanische Kirche), die sich für den AntiHomosexuality Act eingesetzt haben, umgehend einstellen. Das Auswärtige Amt muss seine Reisewarnung für Uganda überarbeiten und klar und deutlich zum Ausdruck bringen, was das neue Gesetz in der Praxis bedeutet und dass es auch Menschen betreffen kann, die nicht zur LSBTI*-Community gehören, sich aber für queere Rechte einsetzen.

In einer gemeinsamen Stellungnahme hat Deutschland zusammen mit 31 weiteren Mitgliedsstaaten der Equal Rights Coalition, deren Co-Vorsitz Deutschland zusammen mit Mexiko zurzeit innehat, das Gesetz und seine gesellschaftlichen Folgen scharf verurteilt. Auch hat sich die Bundesregierung 2021 im „LSBTI-Inklusionskonzept der Bundesregierung für die Auswärtige Politik und die Entwicklungszusammenarbeit” für den Einsatz von LSBTI*-Rechten weltweit verpflichtet und erst kürzlich Leitlinienpapiere zur feministischen Außen- und Entwicklungspolitik vorgestellt. Es wäre ein Armutszeugnis für die deutsche Außenpolitik und Entwicklungszusammenarbeit, wenn sie jetzt nicht gegen das ugandische Anti-LSBTI*-Gesetz tätig werden. Sie dürfen sich nicht in hehren Worten erschöpfen; schwerste Menschenrechtsverletzungen verlangen harte Konsequenzen und Strafen.“

Akademie Waldschlösschen
Bundesstiftung Magnus Hirschfeld
Buntes Leben Stiften
Dreilinden gGmbH
filia.die frauenstiftung
Hannchen-Mehrzweck-Stiftung
Hirschfeld-Eddy-Stiftung
Homosexuelle Selbsthilfe e.V.
Münchner Regenbogen-Stiftung
PROUT AT WORK

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