Love cannot be defeated

Am 8. Juli ist das Pride-Festival in Tiflis, Georgien, massiv angegriffen worden: Das zentrale Festivalgelände von Tbilisi Pride, auf dem am Samstag ein großes Festival stattfinden sollte, wurde von mehreren tausend Menschen gestürmt. Die Angreifer aus rechts-nationalistischen, ultrakonservativen und russisch-orthodoxen Gruppen, die in einem organisierten Protestmarsch zum Festivalgelände gezogen sind, wurden beim Stürmen des Geländes nicht von den Sicherheitskräften gestoppt. Vielmehr hat die Polizei dem Angriff nahezu tatenlos zugeschaut. Zwar hat sie die Besucher*innen des Festivals in Bussen vom Gelände evakuiert, aber die Zerstörungen und die damit verbundene unmissverständliche Bedrohung von LGBTQI+-Menschen billigend in Kauf genommen – trotz vorheriger wiederholter Zusagen der georgischen Regierung, die Sicherheit des Pride-Festivals und aller Teilnehmenden zu garantieren. filia ist im engen Austausch mit ihren Förderpartner*innen in Georgien – u.a. der georgischen Frauenstiftung Women’s Fund in Georgia und den Aktivist*innen der Multimediaplattform GrlzWave.

filias Solidarität ist mit den Organisator*innen von Tbilisi Pride, der LGBTQI+-Bewegung vor Ort und mit den Menschen in Georgien, die sich für demokratische Strukturen einsetzen. Love cannot be defeated!

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Sorge um die Einführung eines „Queer Propaganda“-Gesetzes

Unsere Förderpartner*innen, LGBTQI+-Aktivist*innen und Menschenrechtsorganisationen international befürchten, dass die georgische Regierung den Überfall auf den Tbilisi Pride politisch instrumentalisieren und in Kürze ein sogenanntes „Queer Propaganda“-Gesetz einführen könnte. Das scheinheilige Argument der kirchlichen Entscheidungsträger: ein Thema, dass die Gesellschaft so spalte wie LGBTQI-Bewegung, müsse gesetzlich „geregelt“ bzw. mögliche Repräsentant*innen des Themas sanktioniert werden.

Ein solches Gesetz, das ähnlich bereits in anderen Ländern eingeführt worden ist, wie z.B. in Ungarn und in Russland, hätte sehr weitreichende Konsequenzen für die Meinungsfreiheit, den freien Audruck und die Sicherheit von vielen Menschen. Unsere Partner*innen in Georgien erzählen uns, dass es dann zum Beispiel strafbar wäre, das Regenbogensymbol zu tragen. Wird man nach einer Verwarnung ein zweites Mal mit einem Regenbogensymbol oder Ähnlichem angetroffen, könne sogar eine Gefängnisstrafe die Folge sein.

Sie befürchten, dass das Gesetz die Versammlungsfreiheit nicht nur einschränkt, sondern quasi abschafft: Menschen könnten bei Versammlungen verhaftet werden, denn dem Gesetzesentwurf zufolge würden sie so „LGBT-Propaganda vorantreiben“. Zudem würde nach dem Gesetz jede Handlung und Geste, die „die religiösen Gefühle anderer verletzen oder missachten“ könnte, hart und teilweise mit Gefängnis bestraft. Das könnte z.B. die Folge für Männer sein, die sich an der Hand halten.

Ebenso befürchten unsere Partner*innen die Stärkung pro-russischer Kräfte durch das neue Gesetz, denn zum Thema „Kriegspropaganda“ gibt es einen Absatz im Gesetzentwurf. Dieser zielt darauf ab, dass Menschenrechtsaktivist*innen, die z.B. eine Kundgebung zur Unterstützung der Ukraine veranstalten, bestraft würden, weil die Aktion als „Kriegspropaganda“ gelten würde.

Wir beobachten die Menschenrechtverletzungen in Georgien mit großer Sorge und unterstützen unsere Partner*innen im Kampf für demokratische Strukturen.

Queere und Menschenrechtsbewegungen in Georgien müssen strategisch unterstützt werden

Als langjährige Partnerin des Auswärtigen Amtes, mit dessen Unterstützung wir auch in Georgien seit vielen Jahren gemeinsam mit unseren Partner*innen vor Ort feministische Projekte durchführen, machen wir uns auch auf politischer Ebene dafür stark, dass antidemokratischen Tendenzen und menschenverachtenden Angriffen ein klares NEIN entgegengebracht wird. Dazu gehört auch, dass wir die Bedarfe und Forderungen unserer georgischen Partner*innen an das Auswärtige Amt weitergeben. Und indem wir uns dafür einsetzen, dass im Rahmen der feministischen Außenpolitik mehr Gelder in die Unterstützung feministischer Graswurzelorganisationen fließen.

Eine Auswahl der Medienberichte zum Überfall auf das Pride-Festival:

https://www.spiegel.de/ausland/georgien-nationalisten-stuermen-pride-festival-in-tiflis
https://oc-media.org/tbilisi-pride-festival-cancelled-after-police-fail-to-confront-extremists/
https://www.queer.de/
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/georgien-pride-100.html
https://www.theguardian.com/anti-lgbtq-protesters-break-up-pride-event-in-georgian-capital-tbilisi

Ein Medienbericht zum geplanten „Queer Propaganda“-Gesetz:

https://oc-media.org/georgian-orthodox-church-calls-for-queer-propaganda-law/

Foto Rainbow-Flag: B. Kua