„Wir müssen glauben, dass Dinge möglich sind“

Wir starten mit einem Rückblick: Im Herbst 2024 hatte filia dreizehn Aktivist*innen aus Mittel- und Osteuropa sowie Zentralasien eingeladen, Teil von filias neuem Recommendation Committee zu werden. Als Expert*innen für feministische Kämpfe in ihren Ländern und Regionen hatten wir die Aktivist*innen um Förderempfehlungen gebeten. 26 der vorgeschlagenen Gruppen konnten wir seit Herbst 2024 fördern. Erstmals kamen so auch Gruppen in den baltischen Staaten und in Zentralasien in filias Förderradar.

Freunde, Hoffnung und Energie, um weiterzumachen

Wir sehen das Recommendation Committee als eine Chance, filias Programmarbeit in unserer Hauptförderregion weiterzuentwickeln. Und zwar nicht am Schreibtisch oder auf dem Papier, sondern durch Ausprobieren und durch Gespräche mit unseren Partner*innen. Im Juni 2025 trafen sich die Aktivist*innen aus dem Recommendation Committee, um das vergangene halbe Jahr zu evaluieren: Wen haben wir erreicht? Wessen Expertise fehlt? Worauf sollen wir zukünftig achten? Drei Tage haben die Aktivist*innen intensiv mit uns diskutiert, Ängste und Erschöpfung geteilt, aber auch Freunde, Hoffnung und Energie, um weiterzumachen. Was wir gemeinsam erarbeitet haben, werden wir in unsere Weiterentwicklung einfließen lassen. Einzelne Zitate, die uns besonders inspiriert haben, haben wir hier – noch unsortiert – festgehalten.

„Die Frage nach Impact muss in diesen Zeiten neu gestellt werden. Momentan geht es darum, die Bewegung am Leben zu halten. Impact kann sein, dass du drei Leuten Zugang zu Safer Places ermöglichst.“

„Big money has to be decolonized!”

„Wir müssen mehr übereinander wissen. Wisst ihr, dass viele keine Ahnung haben, dass seit Jahren keine Flugzeuge mehr in die Ukraine fliegen? „Wie kommst du denn dann nach Hause?“ werde ich oft gefragt. Oder wisst ihr genug über Religionsgemeinschaften im Südkaukasus? Es gibt noch so viel, dass wir voneinander lernen müssen.“

„Wir sollten uns auf die Unterstützung derjenigen fokussieren, die am meisten marginalisiert werden. Das ist der Grundgedanke von Dekolonialisierung.“

„Wir müssen unsere feministischen Träume und Hoffnungen befeuern. Wir müssen glauben, dass Dinge möglich sind. Viele von uns kriegen seit Jahren tagtäglich mit, wie alles immer schlimmer, immer feindseliger wird. Genau jetzt ist es wichtig, voller Hoffnung und Vorstellungskraft zu bleiben.“

„Wir müssen eine sozio-ökonomische Perspektive einnehmen, denn wir fördern in sehr volatilen ökonomischen Kontexten. Viele Menschen, die dort in NGOs arbeiten, sind prekär angestellt. Du willst Urlaub, und zwar jetzt? Für viele Aktivist*innen ist das undenkbar. Weder die aktuellen Kämpfe noch die Budgets lassen Urlaub zu.“

„Für mich ist die wichtigste Frage im Grantmaking: Führt die Maßnahme zu einer Machtumverteilung?“

„Wir sind gut genug. Wir brauchen keinen Perfektionismus. Perfektionismus ist eine patriarchale, ableistische Idee. Was heißt denn überhaupt, perfekt zu sein? Gut genug ist gut genug.“