„Unsere Unterschiede sind unsere Stärke“
Seit mehr als zwei Jahren bringt das Projekt „Sisters“ muslimische und jüdische Mädchen zum interreligiösen Dialog zusammen. Gemeinsam kämpfen sie gegen Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus. Ihr Einsatz zeigt, wie wichtig interreligiöser Dialog in unserer heutigen Zeit ist.
Wo nicht miteinander gesprochen wird, ist viel Raum für Vorurteile und Gerüchte. Das gilt allemal für das Verhältnis der Religionen untereinander. Frauen und Mädchen spielen beim interreligiösen Dialog oft eine entscheidende Rolle (wie wir in diesem Jahr bereits bei unseren Partnerinnen in Bosnien-Herzegowina lernen durften: „Ohne Frauen macht das alles keinen Sinn.“). In der Gruppe „Sisters“ aus Hannover haben jüdische und muslimische Mädchen zusammengefunden. So sind nicht nur neue Freundschaften, sondern auch Perspektiven entstanden.
Empowerment und politische Bildung für Mädchen
Die Gruppe „Sisters“ entstand auf Anregung der Geschäftsführerin der Türkischen Gemeinde Nejla Coskun. Sie fand es furchtbar, dass Angebote für Mädchen in ihrer Gemeinde selten über Handarbeitskurse hinausgingen. „Frau Coskun hat uns zur Beschäftigung mit politischer Bildung und gesellschaftlichen Zusammenhängen ermuntert.“ So berichteten es uns die Sisters am Anfang des Projekts. Über Frau Coskun kam auch der Kontakt zu den Mädchen der Jüdischen Gemeinde zustande. „Anfangs haben wir einfach unsere Freizeit miteinander verbracht und uns gegenseitig zu den Feiertagen eingeladen“, berichtete eine Sister, „das Zusammensein hat unseren Blick auf die Gesellschaft und die Situation hier in Hannover enorm verändert.“
Gut zu wissen!
„Sisters“ ist ein Kooperationsprojekt der Türkischen Gemeinde Niedersachsen und der Jüdischen Gemeinde Hannover. Die Gruppe wurde 2023/24 das erste Mail in filias MädchenEmpowermentProgramm gefördert.
Im Fokus der Förderung standen Seminare zur politischen Bildung, die die Mädchen für sich und andere Interessierte organisierten.
Die Gruppe besteht aus ca. 25 Mädchen im Alter von 13 bis 16 Jahren.
In Hannover gab es zu dem Zeitpunkt kaum Gelegenheiten zum interreligiösen Dialog, vor allem für Mädchen und Frauen. Also organisierten die Mädchen kurzerhand ein Projektwochenende mit dem Slogan „Macht den Unterschied“. Sie stellten sich mit selbstgemalten Plakaten in die Parks ihrer Stadt und luden zu Diskussionsrunden zu Antisemitismus und antimuslimischen Rassismus ein. Zwar kam es auch zu kontorversen Gesprächen, aber dank der Unterstützung der beiden Gemeinden, konnten die Mädchen diese gut meistern.
Seminare für den interreligiösen Dialog
Durch den Erfolg bestärkt entschieden die Mädchen, eine Reihe von Seminaren zu interreligiösen Themen wie Ultranationalismus im Islam, Antisemitismus und Israelkritik, Verschwörungstheorien sowie Frauen im interreligiösen Dialog zu organisieren. Die Themen für die Seminare sammelten die Mädchen in ihrer Gruppe. Sie hielten aber auch Rücksprache mit ihren Gemeinden, um fest zu stellen, welches Interesse es dort gibt.
Die Mädchen waren in alle Schritte der Organisation und Durchführung der Seminare eingebunden. Sie recherchierten die Themen und machten passende Referent*innen ausfindig. Sie waren für die Buchung von Räumen, die Koordination der Teilnehmer*innen und die technische Ausstattung vor Ort zuständig. Darüber hinaus kümmerten sie sich um die Werbung und Verbreitung ihrer Veranstaltung. Und zu guter Letzt übernahmen einige der Mädchen auch aktive Rollen bei den Seminaren selbst und moderierte einzelne Diskussionen.
Die Mädchen entpuppten sich als wahre Organisationstalente
Zu den Seminaren der „Sisters“ kamen nicht nur die Mädchen selbst sondern auch andere Jugendliche, Gemeindeleiter*innen, Fachleute und Interessierte. „Wir sind besonders stolz darauf, eine Plattform geschaffen zu haben, die den interreligiösen Dialog fördert und die Teilnehmer*innen ermutigt, ihre Vorurteile abzubauen und ein tieferes Verständnis für verschiedene Glaubensrichtungen zu entwickeln,“ schrieben uns die Sisters. Besonders das Seminar „Frauen im interreligiösen Dialog“ war besonders beliebt. Denn es gab den Frauen Gelegenheit, ihre eigenen Erfahrungen miteinander zu teilen. Gemeinsam überlegten sie auch ganz konkret, wie sie sich den interreligiösen Dialog in Zukunft wünschten. Eine Teilnehmerin, eine Studentin der Sozialwissenschaften aus Göttingen, fühlte sich durch die Seminare so empowert, eine eigene unabhängige Gruppe zu gründen. Diese trifft sich nun regelmäßig, um interreligiöse Themen zu besprechen und gemeinsam Lösungen für ein besseres Miteinander zu erarbeiten. Ihre Arbeit hat bereits andere Frauen in ihrer Gemeinde motiviert, sich ebenfalls zu engagieren: „Die Gespräche während des Seminars waren so offen, ich habe eine ganz neue Perspektive auf meine eigene Religion gewonnen. Es gibt da Verbindungen zu anderen Gemeinschaften, die mir vorher gar nicht bewusst waren.