Was alles zu Empowerment gehört

Empowerment (zu Deutsch: Ermächtigung) versetzt Menschen in die Lage, sich für sich selbst und ihre Communities einzusetzen. Unsere Empowerment-Programme wollen Frauen und Mädchen unterstützen, „selbstbewusst in Führung zu gehen“. filia will mit ihrer Förderung nicht nur Symptome von Ungleichheiten lindern, sondern Probleme an ihren Wurzeln packen und lösen. Bei der Auswahl von Förderprojekten ist uns wichtig, dass unsere Projektpartner*innen selbstbestimmt arbeiten und gesellschaftliche Strukturen ändern wollen.

Balance zwischen grundlegenden Bedarfen und politischer Arbeit

Aber was heißt es, gesellschaftliche Strukturen zu ändern? Das klingt erstmal nach großen und professionellen Kampagnen, Lobbyarbeit oder ähnlichen Aktivitäten. Doch während es sich dabei um wichtige Aktivitäten handelt, lassen sich insbesondere in der Praxis selbstorganisierter Gruppen die Befriedigung grundlegender Bedarfe und andere politische Arbeit nicht immer voneinander trennen. Gerade wenn es sich um Unsicherheiten in der Versorgung mit Lebensmitteln und Alltagsgütern oder um Fragen der körperlichen Gesundheit und Sicherheit handelt, schaffen Initiativen und Organisationen oft Abhilfe, wo staatliche Strukturen fehlen.

Unsere Förderpartner*in NINA – womeN IN Action/fraueN IN Aktion aus dem Empowerment-Programm Frauen* & Flucht hat es wie folgt formuliert: „Wir kämpfen für die Rechte der Frauen. Die persönlichen Probleme der einen sind unsere Probleme – wir sehen sie als Probleme der Gesellschaft, mit denen wir konfrontiert sind.“ NINA ist eine offene Frauen*gruppe, für Geflüchtete, Migrant*innen und Deutsche.

Im Rahmen der filia-Förderung besuchten sie 2020 und 2021 verschiedene Camps in Hamburg. Die Corona-Situation erschwerte ihre Arbeit, da die Aktivist*innen nicht in die Camps durften. Sie verteilten vor den Toren Essen an Bewohner*innen, gaben ihnen Informationen und Kontakte zu Anwält*innen oder Gesundheitsversorgung und erfuhren, was noch gebraucht wurde. Da viele Aktive aus der Gruppe selbst unter schwierigen Bedingungen leben und engagiert sind, war eine wichtige Entscheidung im Laufe der Pandemie, Mittel aus der Förderung für Aufwandsentschädigungen für Gruppenmitglieder bereitzustellen.

Des Weiteren hat NINA Workshops mit einer Ärztin und einer Anwältin für geflüchtete Frauen organisiert. In diesem Rahmen wurden die Frauen u.a. zur Corona-Impfung oder zum Asyl-Verfahren informiert. Die Anwältin bot auch individuelle Beratungen an. Außerdem veranstaltete NINA eine Online-Party, um einander trotz Pandemie und Kontaktbeschränkungen zu treffen. Die Party bot den Frauen eine schöne Abwechslung vom Alltag und Austausch in entspannter Runde.

Kinderbetreuung mitdenken

Ein wichtiger Teil von NINAs Arbeit ist auch, dass sie bei ihren Treffen und Workshops Kinderbetreuung organisieren und anbieten. Denn Frauen leisten einen Großteil der anfallenden Care-Arbeit, zu der auch die Kinderbetreuung zählt. Doch selbst in Organisationen, die Frauen empowern wollen, ist es keine Selbstverständlichkeit, dass Betreuungsangebote für Kinder mitgeplant werden.

Auch beim Sommertreffen Feminist Connect, das das Bündnis Feminist Resist organisiert, wird Kinderbetreuung mitgedacht. Zum Bündnis gehören neben NINA u.a. auch Women in Exile und FLIT Solidarity Africa. In 2020 und 2021 nutzte das Bündnis eine Förderung filias im Rahmen des MädchenEmpowermentProgramms, um die Kinderbetreuung zum Projekt „Feminist Connect Junior“ auszubauen. Die mitreisenden Kinder hatten die Chance, ein eigenes Programm auf die Beine zu stellen.

Mehr als nur Betreuung: Empowerment für Kinder

Feminist Connect ist ein jährliches Treffen von und für Frauen, insbesondere Frauen of Colour, Migrant*innen und Refugee FLINTA. Während des einwöchigen Beisammenseins nehmen die Frauen an verschiedenen Aktivitäten teil. In denen erfahren sie z.B. mehr über ihre Rechte, tauschen sich über Erfahrungen und Strategien aus oder schulen spezifische Fähigkeiten – sie empowern sich selbst und einander.

Beim Treffen 2021 wurden die mitreisenden Kinder bereits im Vornherein in die Planungen des Kinderprogramms einbezogen. Sie konnten selbst Tätigkeiten vorschlagen und für die verschiedenen Tage festlegen. Es gab natürlich Aktivitäten, bei denen vor allem der Spaß im Vordergrund stand: u.a. Schatzsuche, Poolparty und Reiten. Die Kinder haben aber auch Bildungsangebote geplant und durchgeführt, z.B. Workshops zu Refugee Rights, Empowerment und dem Umgang mit Medien.

Die Rückmeldung der kleinen wie großen Teilnehmer*innen hat den Veranstalter*innen und auch filia gezeigt, wie grundlegend selbstwirksame Teilhabe von Kindern an politischer Arbeit ist. Ihr Programm – mit Unterstützung – eigenständig zu planen und durchzuführen, trug dazu bei, dass die Kinder ihr Recht auf Partizipation wahrnahmen, Wünsche und Anliegen klar benannten und sich aktiv in die Gestaltung der sie betreffenden Gruppen und Angebote einbrachten. Bei vielen ist der Wunsch entstanden, weitere solcher Treffen zu etablieren.