Girls’ Club for Change
filia fördert bereits seit 2008 tschetschenische Frauenrechtsorganisationen. Die Förderung feministischer Aktivist*innen und Organisationen in diesem nordkaukasischen Land hat sich schon immer als herausforderungsvoll erwiesen. Die Menschenrechte von Frauen und Menschen unterschiedlicher Minderheiten, vor allem LGBTIQ+, werden konstant attackiert. Einschüchterung und Gewalt stehen an der Tagesordnung.
Förderung von Mädchen und jungen Frauen in Tschetschenien
Unsere tschetschische Projektpartnerin* begegnet dieser schwierigen Lage. Die noch junge Organisation veranstaltet Workshops für Mädchen und junge Frauen und fragt sie direkt, zu welchen Themen sie sprechen wollen. Wenn es erforderlich ist, laden sie Expert*innen, z. B. eine Berufsberaterin oder eine Therapeutin, ein, um die Workshops zu leiten.
Die Aktivist*innen fokussieren sich in ihrer Arbeit auch auf das Umfeld, in dem sich die Mädchen bewegen. Daher bieten sie Schulungen für ihre Eltern und Lehrer*innen an. So entstand beispielsweise ein Workshop zu Familienkonflikten. In ihren Gesprächen mit Projektteilnehmerinnen hörten die Mitarbeiterinnen von Vsegda Vmeste immer wieder, wie sich Mädchen über schwierige Situationen zuhause beklagten. Ständiger Streit und Konflikte zwischen den Eltern wirkte sich bei vielen sehr negativ auf ihre Psyche und ihre Leistung in der Schule aus. Im Workshop mit den Eltern lasen die Mitarbeiterinnen u. a. anonyme Briefe der Mädchen an ihre Eltern vor. So bewirkten sie, dass die Eltern plötzlich ihr eigenes Handeln durch die Augen ihrer Töchter sehen konnten. Viele berührte die Erkenntnis, wie sehr ihre Kinder unter den Streitigkeiten litten. Eine Mutter beschrieb es im Anschluss so:
Ich hätte nie gedacht, dass mein persönlicher Konflikt mit meinem Mann meinen Kindern so viel Leid zufügen könnte. Bei jedem Brief, den die Trainerin uns vorlas, schien es mir, als sei es der Brief meiner Tochter. Aber sie konnte nicht alle Briefe schreiben, und so brachten mich die Stimmen der Mädchen dazu, über mein Verhalten zu Hause nachzudenken.
Was filia am „Girls’ Club for Change” inspiriert!
Seit ihrer Gründung 2015 setzt sich die Organisation als nahezu einzige Jugendorganisation in Tschetschenien für die Rechte von Mädchen und jungen Frauen ein. Ihr Fokus liegt darauf sichere Räume für ihre Projektteilnehmerinnen zu schaffen. Der gesellschaftliche Druck, der auf Mädchen und jungen Frauen in Tschetschenien lastet, ist enorm. Sie bietet ihnen eine solidarische Gemeinschaft, in der sie die Kraft entfalten, ihr Leben selbst zu gestalten.
In ihrem Bericht über das Projekt „Girls‘ Club for Change“ erklären, die Mitarbeiterinnen, wie sie mit der schwierigen Situation in ihrem Land umgehen. In ihrer Arbeit vermeiden sie möglichst, die frauenfeindlichen Traditionen in ihrer Gesellschaft offen anzusprechen. Vielmehr versuchen sie, den Mädchen und jungen Frauen bewusst zu machen, dass alle Entscheidungen, die ihr Leben betreffen, auch von ihnen selbst getroffen werden sollten. Sie machen deutlich, dass Mädchen und junge Frauen ein Recht darauf haben, ihre Interessen zu schützen. Sie müssen keine Entscheidungen akzeptieren, die ihrer Gesundheit, ihren Interessen und ihrem künftigen Leben schaden. Indem sie das Bewusstsein der Mädchen und jungen Frauen, aber auch der Eltern und Lehrer*innen legen sie den Grundstein für eine neue Generation, die selbstbestimmt und frei leben wird.
Immer wieder wird uns im Kontakt mit den Aktivist*innen gespiegelt, wie entscheidend unsere Solidarität für sie ist. Wie wichtig es für sie ist, nicht vergessen zu werden. Besonders und auch: in schwierigen Zeiten.
*Aufgrund von Sicherheitsbedenken seitens unserer Projektpartnerin haben wir uns entschieden, den Organisationsnamen aus unseren Publikationen zu entfernen.