Covid-19-Notfallprogramm für Betroffene von Häuslicher Gewalt
Mitten in der Pandemie konnte filia Frauen*organisationen schnell und unbürokratisch finanziell unterstützen. Möglich wurde dies durch das europäische Netzwerk Women Against Violence Europe (WAVE ), welches im Frühjahr 2020 bei filia anfragte, ob man nicht kurzfristig ein gemeinsames Covid-19-Notfallprogramm für die Betroffenen von Häuslicher Gewalt auf die Beine stellen könnte. Dies war möglich dank der Unterstützung der Oak Foundation. Natürlich wollte und konnte filia ein solches Notfallprogramm mit WAVE auf die Beine stellen.
Eilförderung für Frauen*organisationen in Mittel- und Osteuropa
Die Förderung kam vor allem kleinen Organisationen aus dem WAVE-Netzwerk, die marginalisierte Frauen* und Mädchen* unterstützen, zugute. Die zwanzig Organisationen, die eine Förderung von je 9.650 Euro erhalten haben, sind in Albanien, Armenien, Georgien, Kroatien, Griechenland, Ungarn, Kosovo, Malta, Nord-Mazedonien, Polen, Rumänien und Russland aktiv.
Angebote und Versorgung für von Gewalt betroffenen Frauen*
Beim Lesen der Abschlussberichte der geförderten Organisationen fällt ins Auge, wie vielfältig die Unterstützung für von Gewalt betroffene Frauen* auch in der Pandemie aussah. Es war außerdem wichtig, dass die Frauen* jeder Organisation das Programm selbst definieren und entscheiden konnten, für welche Leistungen und Anschaffungen sie den Zuschuss benötigten. Sie entschieden, wo sie den größten Mangel an Mitteln sahen, wo die größten Bedürfnisse bestanden: Die Organisationen konnten sichere Räumen offenhalten. Psychologische und rechtliche Beratung wurden weiter (wieder) angeboten. Und nicht zuletzt konnten Betroffene mit Lebensmitteln und Hygieneprodukten versorgt werden. Manche Organisationen haben Laptops, Smartphones und Tablets gekauft – sowohl für sich selbst als auch für gewaltbetroffene Frauen*, damit sie die digitalen Beratungsangebote nutzen konnten. Denn nicht jede von ihnen hatte bis dahin Zugang zu einem entsprechenden Gerät. Die Technik war in der Pandemie also deutlich stärker als zuvor Ermöglicherin von Kontakt und Kommunikation in Krisen.
Förderung für die Frauen*organisationen
Die geförderten Organisationen nutzten das Geld auch zur Deckung von Personalkosten, zur Stärkung ihrer eigenen organisatorischen Kapazitäten und zur Entwicklung von Fundraising-Aktivitäten. Auch haben viele mit der finanziellen Unterstützung, Veranstaltungen durchgeführt. Ein wichtiges Angebot war bei vielen Organisationen Möglichkeiten der Aus- und Weiterbildung für Frauen – umso die wirtschaftliche Unabhängigkeit von gewaltbetroffenen Frauen* und ihren Kindern zu stärken.
Ein Beispiel aus Georgien
Um ein Beispiel zu geben: Die Organisation „Cultural Humanitarian Fund ‘Sukhumi’“ in Georgien ermöglichte Frauen*, professionelle Schneider- und Nähkurse zu absolvieren und stellte ihnen Nähmaschinen und notwendiges Material für die weitere Arbeit zur Verfügung. Die Aktivistinnen* berichten, dass die Frauen*, durch die Nähkurse sowohl selbstbewusster als auch ökonomisch unabhängiger wurden. Insbesondere Frauen, die keine höhere Schulbildung oder berufliche Ausbildung hatten, haben Näh- und PC-Weiterbildungen absolviert. Im Anschluss an die Kurse bekam eine Teilnehmerin, die mittlerweile Zuhause näht, Aufträge für Stofftaschen von privaten Organisationen – und so ein eigenes Einkommen. Eine andere Frau hat in einer Nähfabrik als Assistentin* begonnen zu arbeiten – mit der Aussicht auf Weiterentwicklung.
Frauen*organisationen brauchen Ressourcen – in Krisenzeiten und auch sonst
Das Covid-19-Notfallprogramm hat ermöglicht, die Isolation zu brechen, unter der viele Frauen aufgrund der Pandemie noch mehr als sonst leiden. Es hat zudem dazu beigetragen, die Sichtbarkeit des Themas – Gewalt gegen Frauen – zu erhöhen, und es hat gezeigt, dass Organisationen finanzielle Ressourcen benötigen um nachhaltige Strukturen aufbauen und halten zu können.